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Ausgleich ehebedingter Nachteile durch Versorgungsausgleich und Altersvorsorgeunterhalt

[nectar_dropcap color=“#e93f22″]M [/nectar_dropcap]it Beschluss vom 04.07.2018 hat der BGH (Az.: XII ZB 122/17) entschieden, dass ehebedingte Nachteile i. S. von § 1578 b Abs. 1 S. 2 BGB nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe verursachten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden können, wenn für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Ein ehebedingter Nachteil, der darin besteht, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte auch nachehelich geringere Versorgungsanrechte erwirbt, als dies bei hinweggedachter Ehe der Fall wäre, ist grundsätzlich als ausgeglichen anzusehen, wenn er für diese Zeit Altersvorsorgeunterhalt zugesprochen erhält oder jedenfalls erlangen kann.

Im zu entscheidenden Fall wandte sich die Ehefrau gegen die Befristung ihres Elementarunterhalts bis Ende März 2021. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts hatte die Ehefrau hinsichtlich des Bezuges ihrer Altersrente keine ehebedingten Nachteile erlitten. Grundsätzlich hätte sie ohne die Ehe bei einer unterstellten Tätigkeit bis zum Eintritt ihrer Erwerbsunfähigkeit eine fiktive Altersrente von ca. 1.300,00 € ab April 2021 erlangen können. Das Oberlandesgericht ging davon aus, dass diese Rente aufgrund der eigenen Rentenanwartschaften, der ihr von der Altersversorgung des Ehemannes im Wege des Versorgungsausgleiches übertragenen Anwartschaften und des ihr selbst zugesprochenen Zugewinnausgleichs auch tatsächlich erzielen könnte. In der Rechtsbeschwerde rügte die Frau, dass das Gericht bei seiner Entscheidung nicht die zusätzliche Zahlung aus dem Zugewinnausgleich von 41.000,00 € berücksichtigen dürfe, da nicht sicher sei, dass die Frau tatsächlich einen Anspruch hierauf habe. Schließlich habe das Gericht die wirtschaftlichen Verhältnisse des Ehemannes nicht hinreichend konkret festgestellt.

Der BGH hat nunmehr diese Rechtsbeschwerde verworfen. Zur Begründung führt er aus, dass ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt nach § 1578 b Abs. 1 S. 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen sei, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruches auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Ein solcher Anspruch sei zeitlich grundsätzlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Nachteile i. S. des S. 2 können sich z.B. aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben. Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfes bemesse sich nach dem Einkommen, welches der Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenem Einkommen zur Verfügung hätte.

Auch dann könne jedoch der Unterhalt nach einer Überlegungszeit bis auf den ehebedingten Nachteil herabgesetzt werden, der sich aus der Differenz zwischen angemessenem Unterhaltsbedarf und dem erzielten oder erzielbaren eigenen Einkommen ergibt.

Der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge sei Aufgabe des Versorgungsausgleiches. Ehebedingte Nachteile i. S. der Vorschrift können also nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe verursachten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Selbst wenn die tatsächliche Altersrente der Ehefrau hinter der vom Oberlandesgericht berechneten Rente ohne Ehe und Kindererziehung zurückbliebe, wäre darin kein ehebedingter Nachteil zu sehen, da dann, wenn ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat, die Nachteile in der Versorgungsbilanz im gleichen Umfang von beiden Ehegatten zu tragen sind.

Weiterhin sei ein ehebedingter Nachteil, der darin besteht, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte auch nachehelich geringere Versorgungsanrechte erwirbt, als dies bei hinweggedachter Ehe der Fall wäre, als ausgeglichen anzusehen, wenn er für diese Zeit Altersvorsorgeunterhalt zugesprochen erhält oder jedenfalls erlangen kann. Dann fehlt es mit Erreichen der Regelaltersgrenze an einem ehebedingten Nachteil.

Vorliegend wurde ein Versorgungsausgleich durchgeführt. Hinzu kommt, dass die Ehefrau einen weiteren Vermögenszufluss (ca. 50.000,00 €) erhalten hatte, den sie ohne die Ehe nicht erlangt hätte. Dieser ehebedingte Vorteil wäre daher auch im Übrigen geeignet, einen etwaigen ehebedingten Nachteil zu kompensieren.

Da die Ehefrau einen bis einschließlich Juli 2017 titulierten Anspruch für Altersvorsorgeunterhalt hatte, kann sie die ehebedingt geringeren Rentenanwartschaften ohne Weiteres ausgleichen, zumal sie bereits im Jahr 2008 erwerbsunfähig geworden war und deshalb – auch ohne Ehe – seither keine weitere Altersvorsorge mehr hätte betreiben können.

Der Unterhalt der Ehefrau gem. § 1578 b Abs. 1 BGB sei durch das Oberlandesgericht auch zu Recht auf den angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt worden. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des unterhaltspflichtigen Ehemannes spielen hierbei keine Rolle. Ist festgestellt, dass es an einem ehebedingten Nachteil fehlt, komme es auch nicht mehr darauf an, ob die unterhaltsberechtigte Ehefrau aus dem Zugewinnausgleich einen weiteren Vermögenszufluss erlangen könne.