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Wirksamkeit des Bußgeldbescheids

[nectar_dropcap color=“#e93f22″]D [/nectar_dropcap]ie bloße offensichtliche Falschangabe des Kennzeichens des Fahrzeugs, mit dem ein Verkehrsverstoß begangen wurde im Bußgeldbescheid, führt nicht zu der Annahme, dass es sich bei der begangenen Tat und dem Tatvorwurf des Bußgeldbescheids um unterschiedliche prozessuale Taten handelt, wenn die Tat anhand der übrigen Tatsachen zweifelsfrei feststeht (vgl. OLG Hamm 03.07.2014 1 RBs 108/14). Bei der Frage der Verjährung der Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten spielt die Wirksamkeit des Bußgeldbescheids eine Rolle. Denn nur die Zustellung eines wirksamen Bußgeldbescheids kann nach § 33 Abs. 1 Nr. 9 verjährungsunterbrechend wirken. Dabei können auch Mängel bei der Beschreibung des Tatgeschehens zur Unwirksamkeit des Bußgeldbescheids führen. Hier gilt folgende Faustregel:

Kann der Betroffene aufgrund der sonstigen Umstände erkennen, welcher Vorwurf ihm gemacht wird, bleibt der Fehler ohne Auswirkungen auf die Wirksamkeit. Einzig und alleine relevant ist, dass eine Verwechslungsgefahr mit anderen Verkehrsordnungswidrigkeiten des Betroffenen ausscheidet (vgl. BGHST 23 Seite 336).

Bei hartnäckigen Falschparkern kann die Fahrerlaubnis entzogen werden

Eine Fahrerlaubnis kann ungeachtet der im Verkehrszentralregister eingetragenen Punktzahl bereits bei einer Vielzahl von Parkverstößen entzogen werden. Zu diesem Ergebnis kommt das Verwaltungsgericht Berlin. Im vorliegenden Fall waren durch den Antragsteller in den letzten zwei Jahren 88 Verkehrsordnungswidrigkeiten, davon 83 Parkverstöße, begangen worden. Aufgrund dieses Umstandes forderte das Landesamt für Bürger und Ordnungsangelegenheiten den Antragsteller auf, ein Gutachten über seine Fahreignung vorzulegen. Weil er dies nicht tat, wurde ihm sofort vollziehbar die Fahrerlaubnis entzogen. Das VG Berlin bestätigte im Eilverfahren die Entscheidung der Behörde. Im Ergebnis argumentierte das Gericht damit, dass eine Fahrerlaubnis auch demjenigen entzogen werden könne, der sich – ohne die erforderlichen Punkteinträge im Verkehrszentralregister zu haben – aus anderen Gründen heraus als ungeeignet erwiesen habe. Hierbei seien auch Verstöße des ruhenden Verkehrs für die Beurteilung der Fahreignung relevant, wenn der Verkehrsteilnehmer offensichtlich nicht willens sei, die im Interesse eines geordneten, leichten und ungefährlichen Verkehrs geschaffenen Ordnungsvorschriften einzuhalten, sondern diese hartnäckig missachtet.

Soweit der Antragsteller im vorliegenden Fall behauptet habe, seine Frau habe die Verstöße begangen, müsse er sich dies zurechnen lassen. Denn wenn er nichts gegen Verkehrsverstöße von Personen unternehme, die sein Fahrzeug mit seiner Billigung benutzten, liege auch hierin ein charakterlicher Mangel, der ihn selbst als ungeeigneten Verkehrsteilnehmer ausweise (vgl. Entscheidung des VG Berlin, Beschluss vom 23.10.2016, Az. 11 L 432-16).

Wer die für den fließenden Verkehr maßgebliche Lichtzeichen-anlage mit dem Grünlicht der in gleicher Richtung führenden Fußgängerampel verwechselt, kann sich nicht auf ein Augenblicks-versagen berufen

Ein wegen des qualifizierten Rotlichtverstoßes verwirktes Fahrverbot fällt unter diesem Gesichtspunkt nicht weg. So hat in einem sog. Frühstarterfall das OLG Bamberg vor Kurzem entschieden.

Die Richter machten deutlich, dass schlechterdings nur von grober Fahrlässigkeit gesprochen werden könne, wenn eine Fußgängerampel mit der für den fließenden Verkehr maßgeblichen Lichtzeichenanlage verwechselt werde. Diese zu unterscheiden sei eine grundlegende, auch völlig einfach zu erfüllende Mindestanforderung, die ein Verkehrsteilnehmer in jeder Lage ohne Weiteres bewältigen müsse. Eine derartige Verwechslung lasse, wenn und soweit keine weiteren besonderen Umstände hinzutreten, nur den Schluss auf eine außerordentlich gravierende Pflichtverletzung des Betroffenen zu. Dann sei es aber nicht gerechtfertigt, vom Regelfahrverbot abzusehen (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 10.08.2015, 3 Ss OWi 900/15).

BGH-Urteil: Fehlende Verkehrssicherheit eines als „TÜV neu“ verkauften Fahrzeuges

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil die Frage geklärt, ob ein sofortiger Rücktritt gerechtfertigt ist, wenn der Käufer eines Gebrauchtwagens das Fahrzeug mit TÜV neu kauft und das Fahrzeug Mängel aufweist, die eine Erteilung der TÜV-Plakette nicht rechtfertigt.

Sachverhalt:

Die Klägerin hatte von dem beklagten Autohändler ein Fahrzeug Pkw Opel Zafira gekauft. Dieses war 13 Jahre alt und hatte eine Laufleistung von 144.000 km. Der vereinbarte Preis lag bei 5.000,00 €. Entsprechend der im Kaufvertrag getroffenen Abrede wurde noch am Tag des Fahrzeugkaufs die Hauptuntersuchung (TÜV) durchgeführt und das Fahrzeug mit einer TÜV-Plakette versehen. Bereits am nächsten Tag nach dem Kauf versagte aber der Motor mehrfach. Die Klägerin ließ das Fahrzeug untersuchen und erklärte die Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung, hilfsweise den Rücktritt, u. a. wegen der bei der Untersuchung festgestellten erheblichen und die Verkehrssicherheit beeinträchtigenden Korrosion an den Bremsleitungen. Die Beklagte bestritt eine arglistige Täuschung und wandte ein, dass die Klägerin ihm keine Gelegenheit zur Nacherfüllung gegeben habe und der Rücktritt deshalb unwirksam sei.

 

Das Urteil des Bundesgerichtshofs (Az.: VIII ZR 80/14) :

Die auf Rückzahlung des Kaufpreises gerichtete Klage der Käuferin hatte in allen Instanzen Erfolg. Dem Bundesgerichtshof fehlte aber in der Entscheidung des Berufungsgerichts eine hinreichende Feststellung über die Frage der arglistigen Täuschung. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erwies sich jedoch auch aus anderen Gründen als richtig.

Denn das Begehren auf Rückzahlung des Kaufpreises ergab sich auch nach Auffassung des BGH aus dem von ihr hilfsweise erklärten Rücktritt. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshof (Az.: VIII ZR 80/14) ist von einem gekauften Fahrzeug auszugehen, das bei Verkauf mangelhaft war, weil es sich entgegen der vereinbarten Beschaffenheit aufgrund der massiven ohne Weiteres erkennbaren Korrosion nicht in einem Zustand befand, der die Erteilung einer TÜV-Plakette am Tag des Kaufvertrags rechtfertigte. Demnach ergab sich für die Klägerin das Recht zum Rücktritt, weil eine Nacherfüllung für sie nach § 440 S. 1 Alt. 3 BGB unzumutbar war, wie die Richter feststellten. Denn angesichts der beschriebenen Umstände hatte die Klägerin nachvollziehbar jedes Vertrauen in die Zuverlässigkeit und Fachkompetenz des beklagten Gebrauchtwagenhändlers verloren und musste sich nicht auf eine Nacherfüllung durch ihn einlassen.

Gericht: Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.04.2015, VIII ZR 80/14

Vorinstanz: Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 28.02.2014, Az.: 11 U 86/13

Voraussetzungen für den Ersatz von Reparaturaufwand bis zu 30 % über dem Wiederbeschaffungswert

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 15.11.2011 – VI ZR 30/11) kann der Ersatz des Reparaturaufwandes bis zu 30 % über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges nur dann verlangt werden, wenn die Reparatur fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat. Liegen die von dem Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten über der 130 %-Grenze, ist es dem Geschädigten aber gelungen, eine nach Auffassung des Sachverständigen fachgerechte und den Vorgaben des Gutachtens entsprechende Reparatur durchzuführen, deren Kosten den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen, kann dem Geschädigten aus dem Gesichtspunkt des Wirtschaftlichkeitsgebotes eine Abrechnung der konkret angefallenen Reparaturkosten nicht verwehrt werden.

Folgen des mündlichen Schuldeingeständnisses am Unfallort

Nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichtes Saarbrücken (Urteil vom 01.03.2011 – 4 U 370/10) liegen in einer an der Unfallstelle abgegebenen spontanen Äußerung eines Unfallbeteiligten weder die Rechtswirkungen eines konstitutiven noch eines deklaratorischen Anerkenntnisses vor, sondern eine solche Erklärung kann allenfalls die Bedeutung eines gewichtigen Indizes für die Richtigkeit der abgegebenen Erklärung haben. So sind nach der Rechtsprechung gerade im Verkehrsunfallprozess alle spontanen Äußerungen an der Unfallstelle über die Schuldfrage nach dem Unfallgeschehen zurückhaltend zu beurteilen. Die gravierende beweisrechtliche Rechtsfolge einer vollen Beweislastumkehr besitzt eine an der Unfallstelle abgegebene Erklärung nur dann, wenn den Parteien die Tragweite ihrer Erklärung auch aus der Sicht eines in Rechtsdingen unerfahrenen Laien zumindest erkennbar war. Ein solches Bewusstsein wird im Regelfall vorhanden sein, wenn die Aussage in schriftlicher Verkörperung erfolgt.

Abschließend kann somit festgehalten werden, dass Sie sich unbedingt vom Unfallgegner schriftlich geben lassen sollten, dass er die Alleinschuld am Unfall trägt und falls er sich weigern sollte, ein solches Schriftstück zu unterzeichnen, sollten Sie unbedingt die Polizei verständigen.

Bundesverfassungsgericht vom 24.02.2011
zu § 81 a II StPO (Richtervorbehalt)

Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist auch, dass das Fehlen eines nächtlichen richterlichen Bereitschaftsdienstes kein Beweisverwertungsverbot begründet.

Schließlich führt die Nichterreichbarkeit des staatsanwaltschaftlichen Bereitschaftsdienstes nicht zu einem verfassungsrechtlich gebotenen Verwertungsverbot. Nach dem Wortlaut des § 81 a II StPO sowie der Systematik der Richtervorbehalte der Strafprozessordnung haben sowohl die Staatsanwaltschaft als auch ihre Ermittlungspersonen im Sinne von § 152 GVG die Befugnis, eine Blutentnahme anzuordnen. Das Ergebnis einer polizeilich angeordneten Blutentnahme ist daher von Verfassungswegen unabhängig von der Antwort auf die einfach rechtliche Frage verwertbar, ob und bejahendenfalls unter welchen Voraussetzungen die Eilkompetenz nach § 81 a StPO vorrangig durch die Staatsanwaltschaft wahrzunehmen ist.

Schätzung von Mietwagenkosten

Schwacke-Liste und Fraunhofer-Mietpreisspiegel sind grundsätzlich zur Schätzung von Mietwagenkosten geeignet (BGH, Urteil vom 12.04.2011, Az.: VI ZR 300/09)

Der Tatrichter kann im Rahmen von § 287 ZPO von dem sich daraus ergebenden Tarif durch Ab- oder Zuschläge abweichen.

Grundsätzlich gilt:

Der Geschädigte kann von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt erhältlichen Tarifen für die Anmietung von vergleichbaren Ersatzfahrzeugen grundsätzlich nur den günstigsten Mietpreis verlangen. Darüber hinausgehende, mithin nicht erforderliche Mietwagenkosten können nur verlangt werden, wenn dargelegt und erforderlichenfalls bewiesen wird, dass unter Berücksichtigung der individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für den Geschädigten bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt keinen wesentlich günstigeren Tarif zu erhalten.

Danach gilt:

Die Bemessung der Höhe des Schadenersatzanspruches ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Partei unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat.

Die Art der Schätzgrundlage gibt § 287 ZPO nicht vor. Das Gericht darf lediglich für die Entscheidung erhebliche Tatsachen nicht außer Acht lassen. Auch darf es auf für die Streitentscheidung zentrale Fragen, die amtliche Erkenntnisse voraussetzen, nicht ohne diese entscheiden. Dazu können in geeigneten Fällen Listen und Tabellen herangezogen werden. Der BGH hat den Schwacke-Mietpreisspiegel als geeignete Grundlage anerkannt (Urteil vom 02.02.2010, Az.: VI ZR 139/08). Das bedeutet jedoch nicht, dass die Schätzung auf der Grundlage anderer Listen und Tabellen grundsätzlich falsch ist (BGH, Urteil vom 22.02.2011, VI ZR 353/09). Nach diesen Grundsätzen ist der Tatrichter grundsätzlich in seiner Schadensschätzung frei, dieser kann sowohl die Schwacke-Liste als auch den Fraunhofer-Mietpreisspiegel zugrunde legen. Die Entscheidungen der Instanzgerichte zeigen, dass jeweils der einen oder anderen Grundlage der Vorzug gegeben wird und beide Listen als Grundlage für eine Schätzung als geeignet angesehen werden. Der Richter ist befugt, durch Zu- und Abschläge die Listen anzupassen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, also insbesondere, wenn bestimmte Erhebungsgrundlagen bei der Erstellung der Listen im Einzelfall mehr oder weniger zutreffen.

Empfehlung:

Bei Unfällen sollte man unter normalen Bedingungen immer mehrere Angebote einholen. Zu berücksichtigen ist, ob man durch Hinterlegung einer Kreditkarte Sicherheit leisten kann oder nicht. Im Zweifel sollte versucht werden, dass sich der Geschädigte gegenüber dem Mietwagenunternehmer absichert, dass sich dieser in jedem Fall mit den von der Versicherung geleisteten Zahlungen zufriedengibt und seinerseits keine Nachforderungen an den Geschädigten stellt, soweit dieser die Ansprüche an den Mietwagenunternehmer abtritt. Ggf. empfiehlt es sich, mit dem Versicherer des Schädigers zu telefonieren und die Erstattung abzusprechen.

Reparaturkosten unter Wiederbeschaffungswert entgegen der Einschätzung des Sachverständigen

Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 14.12.2010 – VI ZR 231/09) kann der Geschädigte, obwohl die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten über der 130 %-Grenze liegen, nach den konkret angefallenen Reparaturkosten abrechnen, wenn es ihm auch unter Verwendung von Gebrauchtteilen gelingt, eine fachgerechte und den Vorgaben des Gutachtens entsprechende Reparatur durchzuführen, deren Kosten den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen. So hat der Geschädigte die Möglichkeit, bei einem wirtschaftlichen Totalschaden, der die 130 %-Grenze überschreitet (Reparaturkosten 30 % höher als der Wiederbeschaffungswert), sein Fahrzeug trotzdem reparieren zu lassen, wenn er sich an die Vorgaben des Sachverständigen hält und die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert z. B. durch die Verwendung von Gebrauchtteilen nicht übersteigen.

Kurze Zusammenfassung der Grundsätze des BGH zur Abrechnung von Kfz-Schäden

Fahrzeugschaden (Reparaturkosten + Wertminderung) höher als Wiederbeschaffungswert

Die absolute Grenze liegt bei 130 % des ungekürzten Wiederbeschaffungswertes (ohne Berücksichtigung des Restwertes).

  • Der Geschädigte repariert vollständig und entsprechend dem Gutachten, er erhält die vollen Reparaturkosten bis zu 130 %, wenn er das Fahrzeug sechs Monate weiterbenutzt.
  • Bei Veräußerung innerhalb von sechs Monaten -> Abrechnung auf der Basis Wiederbeschaffungswert – Restwert.
  • Bei Abrechnung auf Gutachtensbasis -> Abrechnung auf der Basis Wiederbeschaffungswert – Restwert.

Die 6-Monats-Frist ist keine Fälligkeitsvoraussetzung.

Repariert der Geschädigte teilweise in Höhe von Reparaturkosten die über dem Wiederbeschaffungswert liegen (wobei die Gesamtreparaturkosten die 130 %-Grenze nicht übersteigen dürfen), dann Abrechnung auf der Basis Wiederbeschaffungswert ohne Abzug des Restwertes. Wird hier das Fahrzeug allerdings innerhalb von sechs Monaten veräußert, dann wiederum Abrechnung auf der Basis von Wiederbeschaffungswert – Restwert.

Liegen die Reparaturkosten + Wertminderung unterhalb des Wiederbeschaffungswertes, aber überhalb der Differenz zwischen Wiederbeschaffungs- und Restwert, so gilt:

  • Bei vollständiger Reparatur -> Ersatz der Reparaturkosten bis Wiederbeschaffungswert, Weiterbenutzung nicht erforderlich.
  • Bei teilweiser Reparatur -> Ersatz der Reparaturkosten bis Wiederbeschaffungswert, wenn nicht Veräußerung von sechs Monaten (Fahrzeug muss verkehrssicher repariert sein).
  • Ist das Fahrzeug nicht verkehrssicher, wird bei fiktiver Abrechnung der Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert – Restwert) bezahlt.
  • Ist das Fahrzeug verkehrssicher, werden bei fiktiver Abrechnung die Reparaturkosten bis zum Wiederbeschaffungswert bezahlt, wenn das Fahrzeug nicht innerhalb von sechs Monaten veräußert wird, ansonsten wiederum nur Wiederbeschaffungsaufwand.

In der Zusammenschau mit der umfassenden Rechtsprechung des BGH zu den Verrechnungssätzen empfiehlt es sich deshalb grundsätzlich bei der Abrechnung von Fahrzeugschäden anwaltschaftliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Klassifikation von Verletzungen der Halswirbelsäule (HWS)

Grad 0 Grad 1 Grad 2 Grad 3 Grad 4
Symptome keine Schmerzen der Halsmuskulatur, Bewegungs-
einschränkung
wie Grad 1 mit Ausstrahlung wie 1 und 2, mit verstärkter Ausstrahlung und Empfindungs-
störungen,
evtl. kurzzeitige Bewusstlosigkeit
hohe Querschnitts-
lähmung
Beschwerdedauer entfällt Tage – Wochen (weniger als 1 Monat) Wochen – Monate Monate, selten mehr als 1 Jahr meist Tod
am Unfallort
Neurostatus entfällt keine Ausfälle, Bewegungs-
einschränkungen
keine Ausfälle, schmerzhafte Bewegungs-
einschränkung
sensible oder motorische
Reiz- und Ausfall-
erscheinungen
Tetra-
symptomatik
Morphologie keine Läsion Distorsion und Dehnung wie 1, Gelenkkapsel-
einrisse, Gefäß-
verletzungen
wie 2, verteilt über mehr als
ein Segment, Bandrupturen, Wirbelkörper-
frakturen, Luxation
Mark-
kontusion, evtl. Markdurch-
trennung
HWS-Röntgen unverändert unverändert, evtl. Steilstellung Steilstellung, kyphotischer Knick Frakturfehlstellung Frakturen mit Dislokation

 

Wer eine unfallbedingte HWS-Distorsion geltend macht, muss den Vollbeweis zur haftungsbegründenden Kausalität führen. Gefordert wird ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet (OLG München, NZV 2003, S. 474).

Beweisführung

a) unfallanalytische Untersuchung
(Bestimmung des Unfallhergangs nach physikalischen Gesetzen)
b) biomechanische Begutachtung (Feststellung der individuellen Belastung)
c) medizinische Begutachtung (Auswertung der dokumentierten subjektiven
und objektiven Befunde)

(OLG München, NJW Spezial 2010, S. 554).

Einflussparameter für eine Verletzungswahrscheinlichkeit

a) Art des Aufpralls
b) Größe der kollisionsbedingten Geschwindigkeit
c) Sitzposition
d) Kopfstützenkonstruktion mit Einstellung
e) Stoßerwartung
f) Konstitution und Alter des Verletzten

Unfallflucht rentiert sich nicht

Das Landgericht Düsseldorf hat in einer erst kürzlich veröffentlichten Entscheidung einen PKW-Halter, der Unfallflucht begangen hatte und eine Stunde nach dem Unfall als verantwortlicher Fahrer festgestellt wurde, zum vollen Ersatz der Aufwendungen seines PKW-Haftpflichtversicherers gegenüber dem Geschädigten verurteilt. In dem unerlaubten Entfernen vom Unfallort sah das Landgericht Düsseldorf eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung nach § 28 II VVG. Auch die Tatsache, dass der Fahrer schon eine Stunde nach dem Unfall als solcher festgestellt wurde und damit die Verantwortungsfrage geklärt war, konnte ihn nicht entlasten. Zwar bestimmt § 28 III S. 1 VVG, dass der Versicherer dann zur Leistung verpflichtet ist, wenn die Obliegenheitsverletzung weder für den Eintritt noch für die Feststellung des Versicherungsfalls oder der Leistungspflicht ursächlich ist. Das Landgericht Düsseldorf ging aber davon aus, dass das unerlaubte Entfernen vom Unfallort den Ausnahmetatbestand von § 28 III S. 2 VVG erfüllt, nämlich dass es sich um ein arglistiges Handeln des Versicherungsnehmers handle ( LG Düsseldorf, ZFS 2010, S. 509 f.).

Das Kammergericht hat in einem Beschluss von Januar 2010 entschieden, dass wer den Fahrstreifen wechselt, im Falle der Kollision mit einem ordnungsgemäß überholenden Kfz grundsätzlich alleine hafte und die Betriebsgefahr des Überholers regelmäßig zurücktrete. Die Entscheidung bezieht sich auf einen Verkehrsunfall zwischen einem Radfahrer, der von der mittleren auf die linke Fahrspur wechseln wollte, um nach links abzubiegen und einem auf der linken Fahrspur ordnungsgemäß überholenden Klein-LKW. Das Gericht weist darauf hin, dass bereits der Anscheinsbeweis gegen den Fahrspurwechsler spreche, so dass dieser den Fahrfehler, also das Überholen bei unklarer Verkehrslage, dem Überholer nachweisen müsse. Von einem Überholen bei unklarer Verkehrslage könne nur ausgegangen werden, wenn der Fahrer des überholenden Fahrzeugs nach allen Umständen nicht mit ungefährdetem Überholen rechnen könne. Dazu bedarf es konkreter Anhaltspunkte. Dementsprechend schuldet der Versicherungsnehmer Alleinhaftung bei Fahrstreifenwechsel (KG Berlin, NZV 2010, S. 506).

Restwertberechnung nach dem allg. regionalen Markt

Nach der Rechtsprechung des BGH darf der Geschädigte bei der Schadensabrechnung denjenigen Restwert ansetzen, den der eingeschaltete Sachverständige als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. Da aber der Grundsatz der Schadenminderungspflicht besteht, muss der Geschädigte sich den höher erzielten Restwerterlös anrechnen lassen, wenn dieser für das Unfallfahrzeug ohne besondere Anstrengungen einen höheren Erlös erzielt hat und davon die gegnerische Haftpflichtversicherung Kenntnis erlangt (BGH, Urt.v.15.06.2010 – VI ZR 232/09).