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Feststellung der Zahlungsunfähigkeit für strafrechtliche Zwecke

[nectar_dropcap color=“#e93f22″]D [/nectar_dropcap]er BGH hat in einer aktuellen Entscheidung (BGH, Beschluss vom 12.04.2018 – 5 StR 538/17) die zulässigen Methoden zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im Straf- und Zivilverfahren voneinander abgegrenzt. Während in einem Insolvenzanfechtungsrechtstreit die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit in vereinfachter Form zulässig ist (BGH, Beschluss vom 12.10.2006 – IX ZR 228/03), kann die Zahlungsunfähigkeit in einem strafrechtlichen Verfahren nach § 17 Abs. 2 InsO nur durch die betriebswirtschaftliche Methode oder wirtschaftskriminalistische Beweisanzeichen belegt werden. Die betriebswirtschaftliche Methode setzt eine stichtagsbezogene Gegenüberstellung der fälligen und innerhalb von 3 Wochen fällig werdenden Verbindlichkeiten einerseits und der zu ihrer Tilgung vorhandenen oder kurzfristig innerhalb von 3 Wochen herbeizuschaffenden Mittel andererseits voraus. Zur Abgrenzung von der bloßen Zahlungsstockung ist zudem zu prognostizieren, ob innerhalb der Dreiwochenfrist mit der Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit gerechnet werden kann, etwa durch Gewährung von Krediten, Zuführung von Eigenkapital, Einnahmen aus dem normalen Geschäftsbetrieb oder der Veräußerung von Vermögensgegenständen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 21.08.2013 – 1 StR 665/12). Als Belege für wirtschaftskriminalistische Beweisanzeichen (vgl. BGH, Beschluss vom 23.07.2015 – 3 StR 518/14) kommen beispielsweise ausdrückliche Erklärungen des Schuldners, nicht zahlen zu können, das Ignorieren von Rechnungen und Mahnungen, gescheiterte Vollstreckungsversuche oder die Nichtzahlung von Löhnen und Gehältern, Sozialversicherungsabgaben oder sonstigen Betriebskosten in Betracht.

Direkter Anspruch eines Gläubigers gegen den Liquidator einer GmbH im Falle der Löschung der Gesellschaft

Nach einem aktuellen Urteil des BGH (BGH, Urteil vom 13.03.2018 – II ZR 158/16) ist ein Liquidator einer GmbH, der bei der Verteilung des Gesellschaftsvermögens an die Gesellschafter eine Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber einem Gläubiger nicht berücksichtigt hat, dem Gläubiger analog § 268 Abs. 2 S. 1, § 93 Abs. 5 AktG unmittelbar zum Ersatz bis zur Höhe der verteilten Beträge verpflichtet, wenn die Gesellschaft bereits im Handelsregister gelöscht ist. Nachdem der BGH in dieser Entscheidung zunächst weitreichende Ausführungen zur Anspruchsgrundlage machte, stellte er fest, dass aus Gründen zur vereinfachten Gläubigerbefriedigung und Sicherstellung eines effektiven Rechtsschutzes nach Löschen einer GmbH dem Gläubiger gegenüber dem haftenden Liquidator ein eigener Anspruch zu gewähren ist. Der Gläubiger darf Zahlungen an sich verlangen und ist nicht darauf beschränkt, Zahlungen an die Gesellschaft zu fordern. Schließlich muss der Liquidator den Gläubiger so stellen, wie er bei einer Berücksichtigung der Forderung bei der Liquidation gestanden hätte. Sofern das Gesellschaftsvermögen zur vollen Befriedigung ausgereicht hätte, haftet der Liquidator somit in voller Höhe der Forderung des Gläubigers. Hinzukommen ggf. Verzugszinsen.

Darlegungslast des Insolvenzverwalters im Rahmen eines Anspruchs gegen einen Kommanditisten nach §§ 171, 172 HGB

Der BGH hat in einem aktuellen Urteil (BGH, Urteil vom 20.02.2018 – II ZR 272/16) bestimmt, dass es zur substantiierten Darlegung einer Forderung gegen den Kommanditisten nach §§ 171 Abs. 2, 172 Abs. 4 HGB ausreichend ist, wenn der Insolvenzverwalter die Insolvenztabelle mit festgestellten Forderungen vorlegt, die nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden können. Dem Kommanditisten werden die der Gesellschaft abgesprochenen Einwendungen gegen die Gläubigerforderungen mittelbar durch die aus § 201 Abs. 2 InsO folgende Rechtskraftwirkung der widerspruchslos erfolgten Feststellung von Forderungen zur Insolvenztabelle gem. §§ 129 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB genommen. Insofern ist es im Rahmen von Insolvenzverfahren über das Vermögen einer GmbH & Co. KG unverzichtbar, sich als Kommanditist nicht nur einen Überblick über die vorhandenen Verbindlichkeiten der Insolvenzschuldnerin zu verschaffen, sondern sich auch ggf. inhaltlich mit den Forderungen der Gläubiger auseinanderzusetzen.

Einbeziehung der sogenannten Passiva II in die Prüfung der Zahlungsunfähigkeit (Bugwelle)

Im Rahmen der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO hat der BGH am 19.12.2017 ein wegweisendes Urteil erlassen (BGH, Urteil vom 19.12.2017 – II ZR 88/16). Zahlungsunfähigkeit und nicht nur eine vorübergehende Zahlungsstockung liegt vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, sich innerhalb von drei Wochen die zur Begleichung der fälligen Verbindlichkeiten benötigten finanziellen Mittel zu beschaffen und die Liquiditätslücke auf unter 10% zurückzuführen (BGH, Urteil vom 24.05.2005 – IX ZR 123/04). Diese Beurteilung ist allein anhand objektiver Umstände vorzunehmen (BGH, Urteil vom 24.05.2005 – IX ZR 123/04). In die zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit aufzustellende Liquiditätsbilanz sind auf der Aktivseite neben den verfügbaren Zahlungsmitteln (Aktiva I) die innerhalb von drei Wochen flüssig zu machenden Mittel (Aktiva II) einzubeziehen und zu den am Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten (Passiva I) sowie den innerhalb von drei Wochen fällig werdenden und eingeforderten Verbindlichkeiten (Passiva II) in Beziehung zu setzen. Nach der wegweisenden Entscheidung sind nunmehr auch die innerhalb von drei Wochen nach dem Stichtag fällig werdenden Verbindlichkeiten (Passiva II) bei der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit zu berücksichtigen. Diese Streitfrage war lange umstritten und höchstrichterlich nicht geklärt. Der BGH hat nunmehr für Klarheit gesorgt.

Haftung der persönlich haftenden Gesellschafter für Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung

In der Insolvenz einer Personengesellschaft haften die persönlich haftenden Gesellschafter auch für Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung. Die Inanspruchnahme der persönlich haftenden Gesellschafter wird nicht durch § 93 InsO ausgeschlossen, da der Anspruch nicht auf der akzessorischen Gesellschafterhaftung, sondern auf § 150 Abs. 1 SGB VII als eigenständigem, nicht akzessorischen Haftungstatbestand gründet. Dies hat kürzlich da Sozialgericht Dessau-Roßlau (Urteil vom 15.06.2017 – S 23 U 7/14) entschieden.

Rückforderung der Ausbildungsvergütung nach Insolvenzanfechtung

Ein Insolvenzverwalter kann nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO Zahlungen des insolventen Arbeitgebers an Arbeitnehmer, die nicht in der geschuldeten Art erfolgen, ohne weitere Voraussetzungen zur Masse zurückfordern, wenn die Zahlungen nach dem Insolvenzantrag vorgenommen worden sind, der zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens geführt hat (BAG, Urteil vom 26.10.2017 – 6 AZR 511/16). Dies gilt auch in Fällen, in denen der insolvente Arbeitgeber Zahlungen erbringt, um eine unmittelbar bevorstehende Zwangsvollstreckung abzuwenden (sog. Druckzahlungen). Grund hierfür ist, dass auch in diesem Fällen der Arbeitnehmer immer noch die zur Absicherung seines Existenzminimums vorgesehenen und geeigneten Hilfen, z. B. Grundsicherung, Insolvenzgeld etc., in Anspruch nehmen kann. Zudem gilt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 26.10.2017 – 6 AZR 511/16) keine andere Beurteilung im Falle der Zahlung einer Ausbildungsvergütung. Sie unterliegt insoweit keiner verfassungsrechtlich legitimierten Anfechtungssperre.

Pfändungsschutz für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszulagen

Das Bundesarbeitsgericht hat in einer aktuellen Entscheidung (BAG, Urteil vom 23.08.2017 – 10 AZR 859/16) weiter konkretisiert, was unter Erschwernissen i. S. v. § 850 a Nr. 3 ZPO zu verstehen ist. Nachdem u. a. bereits der Bundesgerichtshof (BGH, Beschluss vom 29.06.2016 – VII ZB 4/15) bestimmt hat, dass unter dem Begriff der Erschwerniszulage i. S. v. § 850 a Nr. 3 ZPO Zulagen für ungünstige Arbeitszeiten – jedenfalls für Nachtarbeit – fallen und nicht nur Zuschläge, die für besondere Erschwernisse als Arbeitsleistung als solche gezahlt werden, hat nunmehr das Bundesarbeitsgericht ergänzt, dass zu den Erschwerniszulagen solche für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit zu verstehen sind, während es demgegenüber bei Zuschlägen für (Wechsel-)Schicht-, Samstags- und Vorfeiertagsarbeit an einer gleichgewichtigen gesetzgeberischen Wertung fehlte.

Keine Erhöhung der Pfändungsfreibeträge bei sozialrechtlicher Bedarfsgemeinschaft ohne Unterhaltspflicht

Der Bundesgerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung vom 19.10.2017 (BGH, Beschluss vom 19.10.2017 – IX ZB 100/16) entschieden, dass der Pfändungsfreibetrag nicht deshalb zu erhöhen sei, weil der Schuldner mit einer nicht unterhaltsberechtigten Person in einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft zusammenlebe und diese wegen Zurechnung seines Einkommens nicht hilfebedürftig ist.

Kein zwingender Rückschluss auf Zahlungsunfähigkeit bei Ratenzahlung auf geringfügige Forderung

Der BGH hat in einem weiteren Urteil zur Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO a. F. (BGH, Urteil vom 06.07.2017 – IX ZR 178/16) erneut die Insolvenzanfechtung von Zahlungen aufgrund von Ratenzahlungsvereinbarungen zu Gunsten des Insolvenzanfechtungsgegners eingeschränkt. Der Anfechtungsgegner hatte Leistungen für den Insolvenzschuldner mit einem Rechnungsbetrag von 1.674,93 € erbracht. Nachdem er außergerichtlich den Rechnungsbetrag erfolglos geltend gemacht hatte, erwirkte er einen Vollstreckungsbescheid. Zu diesem Zeitpunkt beliefen sich die Gesamtverbindlichkeiten des Schuldners, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens unbezahlt blieben, auf mehr als 91.000,00 €. Im Rahmen der Zwangsvollstreckung schloss der beauftragte Gerichtsvollzieher eine Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Schuldner, die dieser erfüllte. Der Insolvenzverwalter machte nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Insolvenzschuldners die Insolvenzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO gegen den Anfechtungsgegner geltend. Der BGH (BGH, Urteil vom 06.07.2017 – IX ZR 178/16) wies die Revision zurück, nachdem auch die Vorinstanzen die Klage jeweils abgewiesen hatten. Zur Begründung führte der BGH ebenso wie die Vorinstanzen aus, es mangele an der Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners. Der BGH geht in einer Gesamtbetrachtung davon aus, dass das monatelange Schweigen des Schuldners einer unstreitigen Forderung trotz erheblichen Zahlungsdrucks und die Tatsache, dass der Schuldner mit dem Gerichtsvollzieher trotz der Geringfügigkeit der Forderung eine Ratenzahlungsvereinbarung abgeschlossen hatte, keine ausreichenden Indizien für eine Zahlungseinstellung darstellten. Insbesondere gelte dies dann, wenn die Geschäftspartner nicht in einer andauernden Geschäftsbeziehung stehen, sondern erstmals geschäftlich miteinander verbunden sind, und die ursprüngliche Forderung selbst für kleine und mittlere Betriebe eine lediglich geringe Forderung darstellt, weil daraus nicht der Schluss auf eine . Die Nichtbegleichung einer geringfügigen Forderung lasse für sich genommen nicht den Schluss auf eine existenzbedrohende Zahlungsschwierigkeit zwingend sei.

Konkretisierung der Gegenleistung im Zusammenhang mit masseschmälernden Zahlungen nach § 64 GmbHG

Der BGH (BGH, Urteil vom 04.07.2017 – II ZR 319/15) hat in einem aktuellen Urteil zur Ersatzpflicht des Organs nach § 64 GmbHG eine weitere Konkretisierung seiner Rechtsprechung, die mit dem „November-Urteil“ (BGH, Urteil vom 18.11.2014 – II ZR 231/13) seinen Anfang fand, vorgenommen. Zunächst hat der BGH in seiner aktuellen Entscheidung am Rande noch einmal die Rechtsprechung des Senats (vgl. BGH, Urteil vom 15.03.2016 – II ZR 119/14) bestätigt, nach der auf einen Direktor einer private company limited by shares nach englischem Recht § 64 S. 1 GmbHG entsprechend anzuwenden ist. Sodann bestimmt der BGH, dass im Rahmen der Prüfung, inwieweit die durch die Zahlung verursachte Schmälerung der Masse in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Zahlung durch eine Gegenleistung ausgeglichen wird, die Regeln des Bargeschäfts nach § 142 InsO a. F. nicht entsprechend anwendbar sind. Zum einen, so der BGH, bestehe keine vergleichbare Interessenlage, da die Ersatzpflicht des Geschäftsführers nach § 64 S. 1 GmbHG und die Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff. InsO unterschiedliche Voraussetzungen hätten. Während das Anfechtungsrecht vor einer Gläubigerbenachteiligung durch die Verminderung der Aktivmasse und durch die Vermehrung der Schuldenmasse (vgl. BGH, Urteil vom 15.09.2016 – IX ZR 250/15) schütze, schütze § 64 S. 1 GmbHG die Gläubiger nur vor einer Benachteiligung durch eine Verminderung der Aktivmasse (vgl. BGH, Urteil vom 18.11.2014 – II ZR 231/13). Zum anderen, so der BGH weiter, schütze § 142 InsO a. F. lediglich einzelne Gläubiger, insbesondere den Geschäftsgegner, während § 64 GmbHG nicht den Schutz des Geschäftsgegners, sondern der Gläubiger der insolvenzreifen Gesellschaft bezwecke. Schließlich konkretisiert der BGH die Rechtsnatur der Gegenleistung. Die in die Masse gelangende Gegenleistung müsse für eine Verwertung durch die Gläubiger geeignet sein. Das seien Arbeits- oder Dienstleistungen in der Regel nicht. Ebenso wenig seien regelmäßig geringwertige Verbrauchsgüter für einen Ausgleich geeignet. Insofern müsse auch beachtet werden, dass die Bewertung der Gegenleistung aufgrund der Insolvenzreife der Gesellschaft danach zu erfolgen habe, ob die Insolvenzgläubiger die Gegenleistung verwerten könnten, wenn zum Bewertungszeitpunkt das Verfahren eröffnet worden wäre. Deswegen sei regelmäßig bei einer Liquidation der insolvenzreifen Gesellschaft von Liquidationswerten der Gegenleistung auszugehen.

Pfändungsschutz für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszulagen

Nachdem der Bundesgerichtshof (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2016 – Az. VII ZB 4/15) zunächst bereits entschieden hatte, dass es sich bei Nachtarbeitszuschlägen um unpfändbare Erschwerniszuschläge im Sinne von § 850 a Nr. 3 ZPO handelt, soweit sie dem Schuldner von seinem Arbeitgeber steuerfrei nach § 3b EStG gewährt werden, hat nunmehr das Bundesarbeitsgericht in einer aktuellen Entscheidung (BAG, 23.08.2017 – 10 AZR 859/16 – dejure.org) entschieden, dass Zulagen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit Erschwerniszulagen nach § 850a Nr. 3 ZPO und damit im Rahmen des Üblichen unpfändbar sind. Dagegen sind Zulagen für Schicht-, Samstags- oder sogenannte Vorfestarbeit der Pfändung nicht entzogen. Hinsichtlich der Frage, in welchem Umfang und welcher Höhe Zuschläge für Sonntag-, Feiertags- und Nachtarbeit als „üblich“ und damit unpfändbar im Sinne von § 850a Nr. 3 ZPO anzusehen sind, wird auf die Regelung in § 3b EStG angeknüpft.

Neues Urteil zur Kenntnis des Gläubigers von der Vermögenslage des Schuldners bei erfolgreicher zwangsweiser Beitreibung unbestrittener Forderungen:

Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 22.06.2017 – IX ZR 111/14) hat in einem weiteren, § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO korrigierenden, Urteil vom 22.06.2017 Stellung zu der Frage genommen, inwieweit der Gläubiger von der Vermögenslage des Schuldners bei erfolgreicher zwangsweiser Beitreibung unbestrittener Forderungen Kenntnis haben kann. Dem BGH (BGH, Urteil vom 22.06.2017 – IX ZR 111/14) lag folgender Sachverhalt zur Entscheidung vor: Die Schuldnerin hatte mit der Anfechtungsgegnerin einen Werkvertrag unter Einbeziehung der VOB/B über Asphaltarbeiten geschlossen. Nach Ausführung der Arbeiten und der Bezahlung einer Abschlagsrechnung wurden die Arbeiten der Anfechtungsgegnerin durch die Schuldnerin abgenommen. Die Anfechtungsgegnerin stellte daraufhin ihre Schlussrechnung. Der offene Restbetrag aus der Schlussrechnung musste allerdings zunächst durch die Anfechtungsgegnerin selbst und später durch den beauftragten Rechtsanwalt mehrfach angemahnt werden. Die Schuldnerin zahlte einen Teilbetrag des Schlussrechnungsbetrages. Den restlichen Betrag klagte die Anfechtungsgegnerin schließlich ein. Das Gericht der I. Instanz erließ zu Gunsten der Anfechtungsgegnerin ein antragsgemäßes Versäumnisurteil, woraufhin die Anfechtungsgegnerin erfolgreich die Zwangsvollstreckung betrieb und den restlichen Schlussrechnungsbetrag nebst Zinsen und Kosten erlösen konnte. Kurz danach wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Insolvenzverwalter verlangte im Wege der Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO den von der Schuldnerin gezahlten Betrag zurück. Nachdem sowohl das Landgericht in I. Instanz, als auch das Oberlandesgericht in II. Instanz der Klage stattgegeben hatten, führte die Revision der Anfechtungsgegnerin zum BGH nunmehr zum Erfolg. Der BGH vertritt in diesem Fall die Ansicht, dass nicht festgestellt werden kann, dass die Anfechtungsgegnerin den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin kannte. Die Ansicht wird damit begründet, dass aus der zwangsweisen Durchsetzung einer unbestrittenen Forderung durch einen Gläubiger nicht geschlossen werden kann, dass der Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungseinstellung des Insolvenzschuldners kannte, wenn der Gläubiger außer dieser Forderung und den von ihm zur zwangsweisen Durchsetzung der Forderung unternommenen erfolgreichen Schritten keine weiteren konkreten Tatsachen über die Zahlungsunfähigkeit oder die Vermögenslage seines Schuldners kennt. Dieses Urteil stellt eine weitere Korrektur der Rechtsprechung des BGH zu § 133 InsO in der Vergangenheit zugunsten des anfechtenden Insolvenzverwalters dar. Es muss daher mit Spannung die weitere Entwicklung der Rechtsprechung zu § 133 InsO abgewartet werden.

Schicksal des Mietkautionsrückzahlungsanspruchs nach Abgabe der Enthaftungserklärung

Der Bundesgerichtshof (BGH, Beschluss vom 16.03.2017 – IX ZB 45/15) hat in einem lang ersehnten Urteil nunmehr die strittige Frage geklärt, welches Schicksal der Mietkautionsrückzahlungsanspruch nach Wirksamwerden der Enthaftungserklärung nach § 109 Abs. 1 S. 2 InsO erleidet. Gibt der Insolvenzverwalter für das Wohnraummietverhältnis des Schuldners eine Enthaftungserklärung nach § 109 Abs. 1 S. 2 InsO ab, wird der Anspruch des Schuldners auf Rückzahlung einer die gesetzlich zulässige Höhe nicht übersteigende Mietkaution vom Insolvenzbeschlag frei. Bei dem Anspruch des Schuldners auf Rückzahlung der Mietkaution handelt es sich zunächst um einen Forderungsanspruch der Insolvenzmasse im Sinne von § 35 InsO. Denn der Anspruch auf Rückzahlung einer Mietkaution entsteht, aufschiebend bedingt durch die Beendigung des Mietverhältnisses und die Rückgabe der Mietsache, bereits mit der Entrichtung der Kaution an den Vermieter. Begründet wird ein Anwartschaftsrecht, das im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Mieters zur Insolvenzmasse gehört (BGH, Beschluss vom 09.10.2014 – IX ZA 20/14). Gegenstände der Masse können vom Insolvenzverwalter aber freigegeben werden, mit der Folge, dass der Insolvenzbeschlag endet und der Schuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis wiedererlangt (BGH, Beschluss vom 03.04.2014 – IX ZA 5/14). Aus diesen Gründen scheidet nunmehr auch mit dem Wirksamwerden der Enthaftungserklärung nach § 109 Abs. 1 S. 2 InsO der Anspruch des Schuldners auf Rückzahlung der Mietkaution bis zur gesetzlichen Höhe (§ 551 Abs. 1, Abs. 3 S. 4 BGB) aus der Insolvenzmasse aus. Denn die mit der Erklärung nach § 109 Abs. 1 S. 2 verbundene Freigabe erstreckt sich auf dasjenige Vermögen des Schuldners, dass der weiteren Durchführung des Mietvertrages zuzuordnen ist. Vom Insolvenzbeschlag frei werden daher insbesondere alle mietvertraglichen Forderungen des Schuldners, die erst nach dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Enthaftungserklärung entstehen. Obwohl der Anspruch des Schuldners auf Rückzahlung einer geleisteten Mietkaution zwar aufschiebend bedingt bereits mit der Leistung der Kaution entsteht, ist der Anspruch auf Rückzahlung jedoch der Fortsetzung des Mietverhältnisses nach dem Wirksamwerden der Enthaftungserklärung nach Sinn und Zweck der Mietkaution zuzuordnen. Zum Zeitpunkt der Enthaftungserklärung hat das Anwartschaftsrecht auf Rückzahlung der Kaution noch keinen sicheren Vermögenswert. Die Mietkaution dient nach Maßgabe der getroffenen Sicherungsabrede bis zur Beendigung des Mietverhältnisses und der Rückgabe der Mietsache dazu, die mietvertraglichen Ansprüche des Vermieters zu sichern. Ein Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution besteht nur, wenn der Schuldner auch nach der Freigabe des Mietverhältnisses seine mietvertraglichen Pflichten erfüllt, insbesondere die geschuldete Miete samt Nebenkosten zahlt und die Mietsache nach der Beendigung des Mietverhältnisses in vertragsgemäßem Zustand zurückgibt. Erst dadurch erlangt das Recht des Schuldners an der Kaution seinen endgültigen Wert. Deshalb ist es gerechtfertigt, dass mit der Freigabe des Mietverhältnisses auch der Anspruch der Rückzahlung der Kaution aus dem insolvenzbefangenen Vermögen ausscheidet, soweit es sich um eine Kaution im gesetzlich zulässigen Rahmen handelt.

Voraussetzungen der Haftung des Steuerberaters

Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 26.01.2017 – IX ZR 285/14) hat in einem aktuellen Urteil seine bis dahin geltende Rechtsprechung zu den Voraussetzungen der Haftung des Steuerberaters teilweise aufgegeben. In der Vergangenheit hat der Bundesgerichtshof geurteilt, dass eine Haftung des Steuerberaters für einen Insolvenzverschleppungsschaden wegen eines unterlassenen Hinweises nur eintreten könne, wenn dieser ausdrücklich mit der Prüfung der Insolvenzreife eines Unternehmens beauftragt sei. Der Steuerberater habe durch seine Aufgabe, Jahresabschlüsse zu fertigen, kein überlegenes Wissen im Hinblick auf eine drohende Überschuldung des Unternehmens im Fall einer bilanziellen Überschuldung (BGH, Urteil vom 07.03.2013 – IX ZR 64/12; BGH, Urteil vom 06.06.2013 – IX ZR 204/12). Es sei grundsätzlich nicht Aufgabe des mit der allgemeinen steuerlichen Beratung der GmbH beauftragten Steuerberaters, die Gesellschaft bei einer Unterdeckung in der Handelsbilanz darauf hinzuweisen, dass es die Pflicht des Geschäftsführers ist, eine Überprüfung vorzunehmen oder in Auftrag zu geben, ob Insolvenzreife eingetreten ist, und ggf. gemäß § 15 a InsO Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen (BGH, Urteil vom 07.03.2013 – IX ZR 64/12; BGH, Urteil vom 06.06.2013 – IX ZR 204/12). Nach der geänderten Rechtsprechung des BGH ist es mittlerweile möglich, dass ein Steuerberater die durch eine verschleppte Insolvenzantragstellung bei der Schuldnerin entstandenen Schäden zu ersetzen hat, sofern eine mangelhafte Erstellung des Jahresabschlusses / der Jahresabschlüsse hierfür kausal war und der Steuerberater pflichtwidrig seine Hinweis- und Warnpflichten verletzt hat, §§ 280 Abs. 1, 675 Abs. 1 BGB. Eine Hinweispflicht des Steuerberaters besteht nach der Rechtsprechung des BGH auch außerhalb des beschränkten Mandatsgegenstands, soweit die Gefahren dem Steuerberater bekannt oder für ihn offenkundig sind oder sich ihm bei ordnungsgemäßer Bearbeitung aufdrängen und wenn er Grund zu der Annahme hat, dass sein Auftraggeber sich der Gefahr nicht bewusst ist (BGH, Urteil vom 26.01.2017 – IX ZR 285/14). Dies gilt insbesondere, wenn die Gefahr Interessen des Auftraggebers betrifft, die mit dem beschränkten Auftragsgegenstand in engem Zusammenhang stehen. Ist ein Steuerberater danach mit der Erstellung eines Jahresabschlusses beauftragt und erkennt der Steuerberater einen Insolvenzgrund bzw. werden ernsthafte Anhaltspunkte für einen möglichen Insolvenzgrund offenkundig und muss er annehmen, dass die mögliche Insolvenzreife der Auftraggeberin nicht bewusst ist, so treffen ihn Hinweis- und Warnpflichten. Nach der geänderten Rechtsprechung des BGH können solche Anhaltspunkte etwa dann für den Steuerberater offenkundig sein, wenn die Jahresabschlüsse der Gesellschaft in aufeinanderfolgenden Jahren wiederholt nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbeträge aufweisen und er weiß, dass die bilanziell überschuldete Gesellschaft über keinen stillen Reserven verfügt.

Lohnsteuerhaftung des Geschäftsführers bei bevorstehender Insolvenz

Das Finanzgericht Münster hat in einem Urteil vom 03.03.2016 entschieden, dass die Unternehmensgröße und –bedeutung den Geschäftsführer einer GmbH verpflichten können, bereits vor Insolvenzantragstellung und des damit verbundenen Verlusts der uneingeschränkten Verwaltungs- und Verfügungsmacht sowie über die bloße Vermögens- und Mittelvorsorge hinaus geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Entrichtung von Lohnsteuern noch vor dem eigentlichen Fälligkeitstermin sicherzustellen. An die Beurteilung der Geeignetheit von über die Vermögens- und Mittelvorsorge hinausgehenden Maßnahmen zur Tilgung der Lohnsteuer noch vor dem Fälligkeitszeitpunkt darf nach Ansicht des Finanzgerichts Münster kein allzu hoher Maßstab angelegt werden. Entscheidend sei lediglich, ob die vom Organ ergriffene Maßnahme unter normalen Umständen, also bei typischem Verlauf der Dinge, potenziell geeignet gewesen wären, die Abführung der streitgegenständlichen Lohnsteuer zu bewirken (FG Münster, Urteil vom 03.03.2016 – 1 K 2243/12 L).

Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit

Der Bundesgerichtshof hat in einer neuerlichen Entscheidung zur Frage, wann ein Gläubiger Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners erlangt, entschieden, dass die Kenntnis bereits in dem Moment besteht, in dem der Schuldner dem Gläubigter einer in den Vormonaten deutlich angewachsenen fälligen Forderung ankündigt, im Falle des Zuflusses neuer Mittel die Verbindlichkeiten nur durch eine Einmalzahlung und 20 folgende Monatsraten begleichen zu können (BGH, Urteil vom 16.06.2016 – IX ZR 23/15).

Insolvenzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO

Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 25.02.2016 (BGH, Urteil vom 25.02.2016 – IX ZR 109/15) zum Insolvenzanfechtungsanspruch nach § 133 Abs. 1 InsO entschieden, dass der Gläubiger die Zahlungseinstellung des Schuldners, dessen Zahlungsverzug nicht mit einer fortdauernden Anspruchsprüfung erklärt werden kann, erkannt hat, wenn der Schuldner einer erheblichen Forderung während eines Zeitraums von einem Monat auf Rechnungen und Mahnungen schweigt und nach Einschaltung eines Inkassounternehmens und der Erwirkung eines Mahnbescheides, in dem durch seinen Widerspruch eingeleiteten gerichtlichen Verfahren die ratenweise Zahlung der Gesamtforderung einschließlich der Zinsen und der angefallenen Kosten anbietet. Nachdem der BGH in der Vergangenheit die subjektiven Tatbestandmerkmale nach § 133 Abs. 1 InsO tendenziell restriktiv ausgelegt hat, hat er die Türen mit dieser Entscheidung hin zu einer insolvenzverwalterfreundlichen Rechtsprechung wieder geöffnet.

Der BGH setzt die Rechtsprechung zur Einschränkung der Ersatzpflicht des Organs für Zahlungen nach Insolvenzreife weiter fort

Der BGH setzt seine Rechtsprechung vom 23.06.2015 (BGH, Urteil vom 23.06.2015 – II ZR 366/13) und vom 18.11.2014 (BGH, Urteil vom 18.11.2014 – II ZR 231/13) mit einem weiteren Urteil vom 08.12.2015 (BGH, Urteil vom 08.12.2015 – II ZR 68/14) fort. Der BGH hat entschieden, dass es gleichwohl an einer masseschmälernden Zahlung i. S. von § 64 S. 1 GmbHG fehlen kann, wenn auf ein debitorisches Konto einer GmbH eine zur Sicherheit an die Bank abgetretene Forderung eingezogen wird, die erst nach Insolvenzreife entstanden oder werthaltig geworden ist, wenn die als Gegenleistung an den Forderungsschuldner gelieferte Ware im Sicherungseigentum der Bank stand. Der BGH betont zunächst noch einmal, dass grundsätzlich der Einzug von Forderungen einer insolvenzreifen GmbH auf ein debitorisches Konto eine masseschmälernde Zahlung i. S. von § 64 S. 1 GmbHG ist. Weiter betont der BGH dann noch einmal unter Verweis auf sein Urteil vom 23.06.2015 (BGH, Urteil vom 23.06.2015 – II ZR 366/13), dass der Einzug von Forderungen, die an die Bank zur Sicherheit abgetreten waren, auf einem debitorischen Konto der GmbH und die anschließende Verrechnung mit dem Sollsaldo keine vom Geschäftsführer einer GmbH veranlasste masseschmälernde Zahlung i. S. von § 64 S. 1 GmbHG darstellt, wenn vor Insolvenzreife die Sicherungsabtretung vereinbart und die Forderung der Gesellschaft entstanden und werthaltig geworden ist. Der Geschäftsführer sei dann nicht verpflichtet, die Umleitung der Zahlung auf ein anderes Konto vorzunehmen, da dies nicht einem ordentlichen Geschäftsgebaren entspräche. Dagegen betont der BGH weiter, dass aber dann eine masseschmälernde Leistung durch die der Bank zugutekommende Zahlung vorliegt, wenn eine vor Insolvenzreife zur Sicherheit abgetretene zukünftige Forderung erst nach Eintritt der Insolvenzreife entstanden ist oder wenn sie zwar vor Eintritt der Insolvenzreife entstanden, aber erst danach werthaltig geworden ist und der Geschäftsführer die Entstehung der Forderung oder deren Werthaltigwerden hätte verhindern können. Der Geschäftsführer darf nicht bewirken, dass der Zessionar zulasten der Masse nach Insolenzreife noch eine werthaltige Forderung erwirbt. Dies stellt einen Verstoß gegen § 64 S. 1 GmbHG dar. Aber der BGH betont dann in Ausnahme dazu, dass Zahlungen auf das Kontokorrentkonto des als Gegenleistung für die Lieferung von Waren, an denen die Bank Sicherungseigentum erworben hatte, eine Masseschmälerung i. S. von § 64 GmbHG auch dann entfallen lassen könnte, wenn die – der Bank abgetretene – Kaufpreisforderung erst nach Eintritt der Insolvenzreife entstanden bzw. werthaltig geworden sei. Denn dann handele es sich lediglich um einen für die Masse neutralen Sicherheitentausch.

Der BGH schränkt die Ersatzpflicht des Organs für Zahlungen nach Insolvenzreife ein

Der BGH hat seine grundsätzlich weitgehende Rechtsprechung zur Ersatzpflicht von Organen für Zahlungen nach Insolvenzreife und somit die mitunter folgenschwere Haftung von Organen im Insolvenzfall durch zwei neue Urteile beschränkt. Zunächst hat der BGH im Jahre 2014 (BGH, Urteil vom 18.11.2014 – II ZR 231/13) entschieden, dass die Ersatzpflicht des Organs für Zahlungen nach Insolvenzreife entfällt, soweit die durch die Zahlung verursachte Schmälerung der Masse in einem unmittelbaren Zusammenhang mir ihr ausgeglichen wird. Der als Ausgleich erhaltene Gegentand muss nicht noch bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorhanden sein. Maßgeblich für die Bewertung ist der Zeitpunkt, in dem die Masseverkürzung durch einen Massezufluss ausgeglichen wird. Diese Rechtsprechung wurde dann konsequent fortgesetzt durch eine Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2015 (BGH, Urteil vom 23.06.2015 – II ZR 366/13). Der BGH entschied, dass der Einzug von Forderungen, die an die Bank zur Sicherheit abgetretene Waren, auf einem debitorischen Konto der GmbH und die anschließende Verrechnung mit dem Sollsaldo grundsätzlich keine vom Geschäftsführer einer GmbH veranlasste masseschmälernde Zahlung i. S. v. § 64 GmbHG darstellt, wenn vor Insolvenzreife die Sicherungsabtretung vereinbart und die Forderung der Gesellschaft entstanden und werthaltig geworden ist. Eine Zahlung kann darüber hinaus auch dann ausscheiden, soweit infolge der Verminderung des Debetsaldos durch die Einziehung und Verrechnung einer Forderung weitere sicherungsabgetretene Forderungen frei werden.

Unzulässiger zweiter Restschuldbefreiungsantrag nach Negativerklärung

Nach einem Beschluss des BGH (Beschluss vom 18.12.2014 – IX ZB 22/13) ist ein zweiter Restschuldbefreiungsantrag nach Abgabe der Negativerklärung durch den Insolvenzverwalter im Erstverfahren unzulässig. Gibt der Insolvenzverwalter das Vermögen des Insolvenzschuldners aus einer selbständigen Tätigkeit frei und wird über dieses Vermögen ein erneutes Insolvenzverfahren eröffnet, ist ein in diesem zweiten Insolvenzverfahren gestellter Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung jedenfalls solange unzulässig, als über seinen im Ausgangsverfahren gestellten Restschuldbefreiungsantrag nicht entschieden ist. Bislang wurde der Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO a. F. nur bei bereits abgeschlossenem Erstverfahren auf das Folgeverfahren analog angewendet. Mit dem aktuellen Beschluss erweitert der BGH die sog. Sperrfristjudikatur um eine gänzlich neue Dimension.

Antrag auf Nichtberücksichtigung einer unterhaltsberechtigten Person

Der BGH hat in seinem Beschluss vom 16.04.2015 – IX ZB 41/14 entschieden, dass im Rahmen eines Insolvenzverfahrens oder der Einzelzwangsvollstreckung der Insolvenzverwalter bzw. Vollstreckungsgläubiger die Möglichkeit hat, einen Antrag auf Nichtberücksichtigung einer unterhaltsberechtigten Person bei der Berechnung des unpfändbaren Einkommens des Schuldners damit zu begründen, dass die unterhaltsberechtigte Person Naturalunterhaltsleistungen von einer weiteren Person gewährt bekommt und somit über eigene Einkünfte im Sinne von § 850 c Abs. 4 ZPO verfügt. Der BGH hatte bereits im Jahre 2009 entschieden (BGH, Beschluss vom 07.05.2009 – IX ZB 211/08), dass zu den „eigenen Einkünften” des Unterhaltsberechtigten, die dessen Berücksichtigung bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens einschränken oder ausschließen können, auch der von anderen Unterhaltsverpflichteten gezahlte Barunterhalt gehört. In der aktuellen Entscheidung stellt der BGH (BGH, Beschluss vom 16.04.2015 – IX ZB 41/14) nunmehr fest, dass neben Barunterhaltsleistungen auch Naturalunterhalt als eigene Einkünfte im Sinne von § 850 c Abs. 4 ZPO zu berücksichtigen sind. Die maßgebliche Aussage des BGH (BGH, Beschluss vom 16.04.2015 – IX ZB 41/14) ist somit, dass der von einem anderen Unterhaltsverpflichteten gewährte Naturalunterhalt wie Barunterhalt den Unterhaltsbedarf mindert.

Kündigung des gewerblichen Mietverhältnisses durch den Insolvenzverwalter

Der BGH hat mit Urteil vom 13.03.2013 (BGH, Urteil vom 13.03.2013 – XII ZR 34/12) entschieden, dass bei einem gewerblichen Mietverhältnis die Kündigung des Insolvenzverwalters im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer der Mieter den Mietvertrag auch mit Wirkung für die Mitmieter beendet.

Keine Hinweis- und Warnpflichten des allgemeinen mandatierten Steuerberaters auf Pflichten einer GmbH bei etwaiger Insolvenzreife

Der BGH hat mit Urteil vom 07.03.2013 entschieden (BGH, Urteil vom 07.03.2013 – IX ZR 64/12), dass das steuerberatende Dauermandat von einer GmbH bei üblichem Zuschnitt keine Pflicht für den Steuerberater begründet, die Mandantin bei einer Unterdeckung in der Handelsbilanz auf die Pflicht ihres Geschäftsführers hinzuweisen, eine Überprüfung in Auftrag zu geben oder selbst vorzunehmen, ob Insolvenzreife besteht. Selbst eine entsprechende drittschützende Pflicht treffe den steuerlichen Berater auch gegenüber dem Geschäftsführer der Gesellschaft nicht.

Zeitpunkt der unwiderruflichen Zuwendung einer Lebensversicherung an den Ehegatten

Nach einer neueren Entscheidung des BGH (BGH, Urteil vom 27.09.2012 – IX ZR 15/12) ist die Zuwendung der Versicherungsleistung regelmäßig bereits mit der Bezeichnung als Bezugsberechtigter vorgenommen, wenn der Versicherungsnehmer einer Lebensversicherung als Bezugsberechtigten im Todesfall unwiderruflich seinen Ehegatten bezeichnet. Dies gilt auch dann, wenn die Versicherungsleistung im Erlebensfall dem Versicherungsnehmer zustehen soll und das Bezugsrecht des Ehegatten daran geknüpft ist, dass die Ehe mit dem Versicherten bei dessen Tod besteht.

Gläubigerantrag als Voraussetzung der Versagung der Restschuldbefreiung

Nach zwei Entscheidungen des BGH (BGH, Beschluss vom 19.07.2012 – IX ZB 215/11 und BGH, Beschluss vom 21.06.2012 – IX ZB 265/11) ist zwingende Voraussetzung für die Versagung der Restschuldbefreiung nach § 300 Abs. 2 S. 1 InsO i. V. m. § 296 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 InsO ein Gläubigerantrag. Eine Versagung von Amts wegen ist nicht zulässig. Ohne den Antrag eines hierzu berechtigten Gläubigers setzt die Amtsermittlungspflicht des Insolvenzgerichts zum Vorliegen von Versagungsgründen nicht ein.

Fortdauernder Insolvenzbeschlag für Steuererstattungsansprüche bei vorbehaltener Nachtragsverteilung

Nach einer neuen Entscheidung des BFH (BFH, Urteil vom 28.02.2012 – VII R 36/11) unterliegen nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens entstandene, aber bereits während seiner Dauer begründete Steuererstattungsansprüche des Insolvenzschuldners weiterhin dem Insolvenzbeschlag, falls mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens ihre Nachtragsverteilung vorbehalten worden ist. Die Nachtragsverteilung muss daher noch nicht angeordnet worden sein.

Kündigung einer Kapitallebensversicherung im Insolvenzverfahren

Nach einer neuen Entscheidung des BGH (BGH, Urteil vom 01.12.2011 – IX ZR 79/11) muss der Insolvenzverwalter oder Treuhänder im Insolvenzverfahren die in die Insolvenzmasse fallende Kapitallebensversicherung kündigen, wenn er den Rückkaufswert für die Masse beanspruchen will. Der Insolvenzverwalter oder Treuhänder kann die Kapitallebensversicherung kündigen, auch wenn der Schuldner mit dem Versicherer nach § 165 Abs. 3 S. 1 VVG a. F. den Ausschluss des Kündigungsrechts vereinbart hat, wenn die Lebensversicherung pfändbar ist und in die Insolvenzmasse fällt.

Einkommensteuer für Lohneinkünfte nach Insolvenzeröffnung keine (vorrangig) zu befriedigende Masseverbindlichkeit nach § 55 I Nr. 1 InsO

Der BFH hat in einem weiteren aktuellen Urteil (BFH, Urteil vom 27.07.2011 – VI R 9/11) entschieden, dass die auf die Lohneinkünfte zu zahlende Einkommensteuer keine vorrangig zu befriedigende Masseverbindlichkeit ist, sofern pfändbarer Arbeitslohn des Insolvenzschuldners aus nichtselbstständiger Tätigkeit als Neuerwerb zur Insolvenzmasse gelangt, weil allein darin keine Verwaltung der Insolvenzmasse in anderer Weise im Sinne des § 55 I Nr. 1 InsO zu sehen ist (Anschluss an BFH, Urteil vom 24.02.2011 – VI R 21/10).

Darüber hinaus hat der BFH entschieden, dass das Recht zur Wahl der Lohnsteuerklasse auch im Insolvenzverfahren nicht auf den Insolvenzverwalter übergeht, sondern bei dem Insolvenzschuldner verbleibt.

Begründung einer Masseverbindlichkeit durch Vereinnahmung des Entgelts für eine vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeführte Lieferung oder Leistung

Seit dem Urteil des BFH (BFH, Urteil vom 09.12.2010 – V R 22/10) findet das Grundprinzip der Insolvenzordnung nach § 1 Abs. 1 InsO, die gleichmäßige quotale Gläubigerbefriedigung, seine Grenzen im Fiskusprivileg. Denn vereinnahmt der Insolvenzverwalter eines Unternehmens das Entgelt für eine vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeführte Lieferung oder Leistung, so begründet nach der neuen Rechtsprechung des BFH die Entgeltvereinnahmung nicht nur bei der Ist-, sondern auch bei der Sollbesteuerung einer Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Der BFH setzt mit dieser Entscheidung seine unverständliche Rechtsprechung zur Istbesteuerung (BFH, Urteil vom 29.01.2009 – V R 64/07) fort und begründet das gewünschte Ergebnis mit § 17 UStG. Aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei der leistende Unternehmer rechtlich gehindert, Entgeltforderungen rechtswirksam in seinem vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil selbst zu vereinnahmen, weil diese gem. §§ 80 Abs. 1, 82 InsO mit befreiender Wirkung nur noch an den Insolvenzverwalter geleistet werden könnten. Die der Umsatzsteuer unterliegende Entgeltforderung werde daher spätestens mit Verfahrenseröffnung unbeschadet einer möglichen Insolvenzquote in voller Höhe uneinbringlich; bei einer nachträglichen Zahlung auf das uneinbringlich gewordene Entgelt sei der Umsatzsteuerbetrag nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 UStG erneut zu berichtigen. Durch diese Konstellation der doppelten Berichtigung verlagert der BFH die vollständige Tatbestandsverwirklichung für die Begründung der Umsatzsteuerschuld ab dem Zeitpunkt nach Insolvenzeröffnung. Folge hiervon ist, dass er zu einer Masseschuld gelangt.

Steuerbare Leistung bei der freihändigen Verwertung von einem Absonderungsrecht unterliegenden beweglichen Gegenständen

Der BFH hat in einer nunmehr veröffentlichten Entscheidung (BFH, Urteil vom 28.07.2011 – V R 28/09) seine seit 2005 bestehende Rechtsprechung zur Steuerbarkeit von Leistungen des Insolvenzverwalters geändert, denen eine freihändige Verwertung von Absonderungsrechten unterliegenden beweglichen Gegenständen zugrunde liegt. Verwertet demnach der Insolvenzverwalter die einem Absonderungsrecht unterliegende bewegliche Sache für die Masse selbst, erbringt er im Interesse des Gläubigers eine entgeltliche Leistung an diesen. Entgelt für die im Interesse der absonderungsberechtigten Gläubiger durchgeführte Veräußerung ist die vom Erlös vorweg für die Kosten der Verwertung der Insolvenzmasse verbleibende Verwertungskostenpauschale nach § 171 II InsO i. V. m. § 170 I InsO. Diese beträgt grundsätzlich pauschal 5 % sowie ggf. zusätzlich den aufgrund der Verwertung anfallenden Umsatzsteuerbetrag. Der Entscheidung des BFH ist zu entnehmen, dass lediglich die Verwertungskostenpauschale, aber nicht die Feststellungspauschale zum Entgelt gehört. Diese Differenzierung ist aus hiesiger Sicht nicht nachvollziehbar.

Abtretbarkeit des Rückgewähranspruchs nach
§ 143 InsO

Nach einer neuen Entscheidung des BGH (Versäumnisurteil vom 17.02.2011 – IX ZR 91/10) kann der aus der Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff., 143 InsO folgende Rückgewähranspruch abgetreten werden.

Rechtsmissbräuchlicher Insolvenzantrag

Nach einer aktuellen Entscheidung des BGH (BGH, Beschluss vom 19.05.2011 – IX ZB 214/10) ist ein Insolvenzantrag als rechtsmissbräuchlich zu erchten, wenn mit dem Insolvenzverfahren der ausschließliche Zweck verfolgt wird, einen Konkurrenten aus dem Wettbewerb zu entfernen.

Nebenkostennachforderung in der Insolvenz des Mieters

Der BGH (BGH, Urteil vom 13.04.2011 – VIII ZR 295/10) entschied, der Anspruch auf Zahlung der Nebenkostennachforderung des Vermieters für einen vor der Insolvenzeröffnung liegenden Zeitraum stelle eine Insolvenzforderung im Rang des § 38 InsO dar, auch wenn die Nebenkostenabrechnung im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch nicht erstellt gewesen sei. Diese Beurteilung ändere sich auch nicht dadurch, dass der Treuhänder im Insolvenzverfahren vor der Erstellung der Nebenkostenabrechnung eine Freigabeerklärung des Mietverhältnisses nach § 109 I 2 InsO abgegeben habe. Diese bewirke nicht, dass eine Nebenkostennachforderung für einen vor der Insolvenzeröffnung abgeschlossenen Abrechnungszeitraum ihren Charakter als Insolvenzforderung i. S. v. § 38 InsO verliert. Aus der Entscheidung folgt, dass die Nebenkostenabrechnungsnachforderung für einen vor der Insolvenzeröffnung liegenden Zeitraum während des laufenden Insolvenzverfahrens nicht gegen den Mieter persönlich geltend gemacht werden kann, sondern vielmehr als Insolvenzforderung im Rang des § 38 InsO zur Insolvenztabelle bei dem Treuhänder angemeldet werden muss. Erst wenn das Insolvenzverfahren nach § 200 InsO aufgehoben ist, kann der Vermieter die Forderung wieder gegen den Mieter / Schuldner persönlich geltend machen.

Bestellung eines isolierten vorläufigen Insolvenzverwalters mit eingeschränktem Wirkungskreis vor dem Hintergrund des § 55 IV InsO

Das Amtsgericht Düsseldorf (ZInsO 2011, 438 f.) entschied kürzlich, dass es grundsätzlich möglich ist, einen isolierten vorläufigen Insolvenzverwalter mit einem eingeschränkten Wirkungskreis nach § 21 II Nr. 1 InsO i. V. m. § 21 I S. 1 InsO zu bestellen, ohne gleichzeitig eine Maßnahme nach § 21 II Nr. 2 InsO treffen zu müssen. Das Amtsgericht Düsseldorf wies darauf hin, dass sich im Hinblick auf die zum 01.01.2011 eingetretene Änderung des § 55 IV InsO eine schematische Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters verbietet, da sie gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße. Es bestehe kein Anlass, eine Sicherungsmaßnahme zu ergreifen, die nach Verfahrenseröffnung die Insolvenzmasse mit nicht notwendigen Masseverbindlichkeiten belastet.

Insolvenzgeld als Forderung aus Arbeitsverhältnissen im Sinne von § 304 InsO

Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 20.01.2011 – IX ZR 238/08) hat kürzlich entschieden, dass Ansprüche auf Arbeitsentgelt, die wegen eines Antrages auf Insolvenzgeld auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangen sind, Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bleiben, die der Anwendung der Bestimmungen über das Verbraucherinsolvenzverfahren bei früher selbstständig wirtschaftlich tätig gewesenen Schuldnern entgegenstehen.

Anspruch auf Zustimmung zur Zusammenveranlagung gegen den Insolvenzverwalter

Nach einem neuen Urteil des BGH vom 18.11.2010 (BGH, Urteil vom 18.11. 2010 – IX ZR 240/07) richtet sich der Anspruch des Ehegatten auf Zustimmung zur Zusammenveranlagung nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des anderen Teils gegen den Insolvenzverwalter. Der Insolvenzverwalter kann die Zustimmung nicht davon abhängig machen, dass sich der Ehegatte zur Auszahlung des Wertes des durch die Zusammenveranlagung erzielten Steuervorteils verpflichtet.

Umsatzsteuervergütungsanspruch bei Freigabe nach
§ 35 Abs. 2 InsO

Hat der Insolvenzverwalter dem Insolvenzschuldner eine gewerbliche Tätigkeit durch Freigabe aus dem Insolvenzbeschlag nach § 35 Abs. 2 S. 1 InsO ermöglicht, fällt nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 01.09.2010 (BFH, Beschluss vom 01.09.2010 – VII R 35/08) ein durch diese Tätigkeit erworbener Umsatzsteuervergütungsanspruch nicht in die Insolvenzmasse und kann vom Finanzamt mit vorinsolvenzlichen Steuerschulden verrechnet werden.

Insolvenzfestigkeit von Lastschriften

Zwischen dem für das Insolvenzrecht zuständigen IX. Senat und dem für das Bankrecht zuständigen XI. Senat bestanden seit 2004 erhebliche Differenzen im Hinblick auf die Insolvenzfestigkeit von Lastschriften im Einzugsermächtigungsverfahren mit der Folge einer für die Beteiligten des Insolvenzverfahrens unbefriedigenden wesentlichen Rechtsunsicherheit. Mit ihren Urteilen vom 20.07.2010 (BGH, Urteile vom 20.07.2010 – XI ZR 236/07 und IX ZR 37/09), deren Entscheidungsgründe jeweils vom anderen Senat mitgetragen wurden, haben die Senate eine einvernehmliche Lösung herbeigeführt. Die Senate haben Rechtsgrundsätze zur Insolvenzfestigkeit von Lastschriften im Einzugsermächtigungsverfahren entwickelt. Im Grundsatz sind sich beide Senate einig, dass die Genehmigungstheorie sowohl im Deckungsverhältnis als auch im Valutaverhältnis Geltung erlangt. Die vom XI. Senat zuvor vertretene „Fußstapfentheorie“ (Der vorläufige schwache Insolvenzverwalter tritt in die Rechtsstellung des Schuldners ein) wurde aufgegeben. Rechtsfolge der Genehmigungstheorie ist, dass die im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgte Lastschriftbuchung nicht insolvenzfest ist und der vorläufige schwache Insolvenzverwalter grundsätzlich befugt ist, die Genehmigung des Schuldners und den Eintritt der Genehmigungsfiktion zu verhindern, indem er der Belastungsbuchung widerspricht. Allerdings erkennen beide Senate ausgehend von den ihnen zur Entscheidung vorgelegten Sachverhalten drei wesentliche Ausnahmen an. Zum einen sind SEPA-Lastschriften, die vorab autorisiert wurden gemäß §§ 675 j Abs. 1 S. 2, Fall 1 i. V. m. 675 Abs. 3 S. 2, Fall 2 BGB, insolvenzfest. Zum anderen verbleibt bei der Insolvenz natürlicher Personen die Entscheidung zur Genehmigung von Lastschriften im Einzugsermächtigungsverfahren aus dem Schonvermögen – nicht der Insolvenzmasse unterliegendes unpfändbares Vermögen – bei dem Schuldner. Schließlich besteht die Möglichkeit, dass der Schuldner die Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren ausdrücklich oder konkludent genehmigt. Zum letztgenannten Fall hat nunmehr der BGH in seiner neuesten Entscheidung (BGH, Urteil vom 23.11.2010 – XI ZR 370/08) ausgeführt, dass die Tatsache, dass ein Schuldner in Kenntnis einer Belastungsbuchung aus einer Einzugsermächtigung sein Konto über einen Monat weiternutzt, ohne der Abbuchung zu widersprechen, für sich keinen Erklärungswert besitzt, und die kontoführende Bank daraus ohne Hinzutreten weiterer Umstände auch bei einem Geschäftskonto nicht die Billigung der Lastschriftbuchung durch den Kontoinhaber entnehmen kann. Allerdings könne zumindest im unternehmerischen Geschäftsverkehr die Tatsache, dass ein Kontoinhaber in Kenntnis erfolgter Abbuchungen durch konkrete Einzahlungen oder Überweisungen zeitnah erst eine ausreichende Kontodeckung für weitere Dispositionen sicherstellt, im Einzelfall für eine konkludente Genehmigung bereits gebuchter Lastschriften sprechen.