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Anrechnung des bayerischen Betreuungsgeldes als Einkommen im SGB II (Hartz IV)

[nectar_dropcap color=“#e93f22″]M[/nectar_dropcap]it Beschluss vom 07.08.2019 (AZ: L 9 EG 20/18 BG) hat das Bayerische Landessozialgericht entschieden, dass das bayerische Betreuungsgeld als Einkommen gem. § 11 ff. SGB II auf „Hartz IV“ anzurechnen ist.

 

Vom Jobcenter hatte die Klägerin Leistungen nach dem SGB II bezogen. Erst nach Bewilligung dieser Leistung beantragte sie auch das Betreuungsgeld für diesen Zeitraum. Dies wurde ihr rückwirkend bewilligt, jedoch wurde die Leistung mit dem Verweis auf einen „Anspruchsübergang“ auf das Jobcenter zunächst gar nicht und dann nur teilweise ausgezahlt. Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein, das Land Bayern wies den Widerspruch als unbegründet zurück.

 

Das Landessozialgericht bestätigt dies nunmehr. Es geht davon aus, dass der Anspruch auf das bayerische Betreuungsgeld für die Vergangenheit gem. § 107 I SGB X erfüllt sei. Gem. § 104 SGB X habe ein Erstattungsanspruch des Jobcenters gegen den Freistaat Bayern bestanden, da das Jobcenter nachrangiger Träger sei. Hierbei sei der Nachrang unter zwei Gesichtspunkten zu prüfen. Zum einen müsse das Verhältnis der im Raume stehenden Sozialleistungen zueinander so gestaltet sein, dass die eine der anderen Leistung weicht. Zum anderen müssten die Sozialleistungen spezifisch zeitlich zusammen fallen. Beides liege hier vor. Insbesondere würden SGB II-Leistungen deshalb generell dem bayerischen Betreuungsgeld weichen, weil letzteres ohne Besonderheiten gem. § 11 ff. SGB II als Einkommen anzurechnen sei. Entgegen spräche auch nicht § 10 BEEG, da das bayerische Betreuungsgeld keine zweckgebundene Leistung im Sinne eines Substituts oder Schadensersatzes als Kompensation für einen nicht verfügbaren Kindergartenplatz sei, sondern Erwerbseinkommen ersetzen solle. Im Übrigen bestünden nach SGB VIII effiziente Instrumente, um das Recht auf einen Kitaplatz zu realisieren, insbesondere der Anspruch entsprechend § 36a III S. 1 SGB VIII auf Aufwendungsersatz im Sinne einer Kostenerstattung für Selbstbeschaffung einer Betreuung beim sog. „Systemversagen“.

 

Die vorliegende Entscheidung ist deshalb bedeutsam, da die Klägerin offenkundig nicht davon ausging, dass das bayerische Betreuungsgeld als Einkommen überhaupt auf SGB II-Leistungen anzurechnen sei, da sie dieses und den Anspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz unmittelbar miteinander verband. Dieser durch die öffentliche Berichterstattung und politische Diskussion entstandene Zusammenhang im Hinblick auf ein gescheitertes bundesweites Betreuungsgeld wurde durch die Entscheidung des LSG nunmehr „zurechtgerückt“. Für den Fall der Nichtverfügbarkeit eines Betreuungsplatzes sei das Problem nicht letztendlich durch das Betreuungsgeld zu kompensieren sondern Betroffene könnten allein im System des SGB VIII Aufwendungsersatz erhalten.

 

Beitrag von Rechtsanwalt Pfoser