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Das Urteil des EuGH zu HOAI

[nectar_dropcap color=“#e93f22″]D[/nectar_dropcap]er EuGH hat am 04.07.2019 entschieden, dass die HOAI mit ihren Mindest- und Höchsthonorarsätzen nicht der Dienstleistungsrichtlinie entspreche. Bezüglich der Mindestsätze vertritt der EuGH die Auffassung, dass es wohl grundsätzlich zulässig sei, Mindestsätze festzulegen, um eine hohe Qualität einer bestimmten Leistung zu sichern. Für die HOAI gelte aber, dass in Deutschland auch Dienstleister Planungsleistungen erbringen könnten, die diesen Ansprüchen nicht unbedingt gerecht werden müssen. Es könnten also nicht nur Architekten und Ingenieure Planungsleistungen erbringen. Damit würden die Mindestsätze nicht das verfolgte Ziel, nämlich die hohe Qualität der Planungsleistung zu sichern, rechtfertigen.

 

Zum Höchstpreischarakter argumentiert der EuGH, dass dieser zwar im Prinzip nicht in Frage zu stellen sei, aber es fehle am Vortrag, weshalb nicht weniger einschneidende Maßnahmen zu gleichen Ergebnis führen könnten (Argumentunverhältnismäßigkeit). Betroffen von der Entscheidung ist Art. 10 §§ 1, 2 Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 Nr. 1 und 2 MRVG sowie § 7 Abs. 1, 3 und 4 HOAI, § 3 Abs. 1 HOAI, die §§ 8 Abs. 1 und 2, 9 und 12 HOAI sowie weitere Vorschriften, auf die verwiesen wird. Fraglich ist nun in erster Linie, inwieweit die deutsche Rechtsprechung an diese EuGH-Entscheidung gebunden und sie quasi als unmittelbares Recht umzusetzen hat. Während die oberlandesgerichtliche Celle und Düsseldorf die Auffassung vertreten, die Entscheidung wirke sich unmittelbar aus und sie deshalb auch auf zu prüfende Honorarprozesse anwenden, vertreten die Oberlandesgerichte Naumburg, das Kammergericht Berlin und das Oberlandesgericht Hamm die Auffassung, dass eine unmittelbare Rechtswirkung nicht bestehe. Begründet wird letztere Meinung damit, dass die Entscheidung des EuGH bereits dem Tenor nach nur die Beklagte Bundesrepublik Deutschland betreffe und eine Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie verlange.

 

Weiterhin wird argumentiert, dass eine Entscheidung des EuGH keine Verpflichtungen für privatrechtliche Rechtsverhältnisse begründen könne. Zielrichtung der Entscheidung sei der Schutz von ausländischen Architekten und Ingenieuren und nicht von privaten oder öffentlichen Auftraggebern in der Bundesrepublik Deutschland. Auch sei die Richtlinie selbst nicht unmittelbar deutsches Recht geworden. Die Entwicklung zu dieser Entscheidung kann gespannt verfolgt werden. In jedem Honorarprozess sollte man sich zuvor kundig machen, welche Rechtsauffassung das jeweils zuständige Oberlandesgericht zu dieser Frage vertritt.

 

Beitrag von Rechtsanwalt Herrmann